Mittwoch, 16. August 2017

Letzter Schultag + Ausflug in den Norden

Da Na Se: mein letzter Schultag

Mit vorschreitender Zeit näherten sich auch die Sommerferien und damit das Ende meiner Arbeit an der Alsyd Academy. Die Zeit war teilweise besonders stressig, da natürlich zum Ende des Jahres auch nochmal einige Klausuren anstandem, welche natürlich ebenfalls berichtigt werden mussten,  und auf der anderen Seite wollte ich aber auch jeden Moment nochmal besonders genießen, da ich diese bald nicht mehr haben würde. Während der letzten Wochen fand dann auch ein Basketballturnier statt, zu dem sogar andere Schule eingeladen wurden, und bei dem neben dem Sport auch andere Aktionen zur Freude der Kinder statt fanden.
Darüber hinaus organisierten Sarah, Annika (zwei Mitfreiwillige von mir) und ich ein Fußballspiel für die Mädchen und Jungen unserer Schulen. Dies war ein sehr schöner Anlass für die Schüler, um neue Freundschaften zu schließen und gegenseitig Erfahrungen auszutauschen. Auch die Lehrer beider Schule kamen in den gegenseitigen Kontakt und unterhielten sich prächtig. Wir hoffen, dass die nächsten Freiwilligen diese Zusammenarbeit eventuell weiterführen werden.



Bald kam dann (traurigerweise) der letzte Schultag. Dieser war für die Schüler kein normaler Schultag mehr, da an diesem Tag die Abschlussfeier der ausgehenden Schüler statt fand, zu der auch Eltern und Gäste von außerhalb eingeladen wurden.. Diese war sehr schön organisiert. Es gab traditionelle Tanzakte und einige musikalische Vorführungen. An einem Punkt wurde ich dann  aufgerufen, um mir für meine Arbeit in der Schule zu danken. Den Applaus, der mir vor den Schülern entgegen gebracht wurde, während ich nach vorne lief, werde ich niemals im Leben vergessen und es zeigte mir wirklich, dass mich die Schüler in ihr Herz geschlossen hatten. Vorne stehend bedankte ich mich dann und sang, zur Überraschung aller, ein Danke-Lied in der lokalen Sprache Twi, welches mir vorher von zwei Lehrern beigebracht wurden ist. Anschließend bekam ich als Zeichen des Danks auch ein kleines Geschenk überreicht. Nachdem die Abschlussfeier zu Ende war, war es dann noch Zeit um reichlich Fotos zu machen, was ich auch sehr in die Länge zog, um ja nicht zu früh Tschüss sagen zu müssen. Am nächsten Tag kam ich aber auch nochmal in die Schule, da an diesem die letzte Lehrerkonferenz statt fand, welche dafür da war, um das gesamte Schuljahr zu reflektieren. Während dieses Meetings gab es einen Moment, wo die Schulleitung den Raum für persönliche Kommentare zu meiner Arbeit öffnete. Was manche Lehrer in den darauffolgenden Minuten äußerten rührte mich zu Tränen und bedeute mir wirklich sehr viel. Getreu dem Motto ,,Erst die Arbeit, dann das Vergnügen", gab es anschließend reichlich essen und trinken für die Lehrer, um einen versöhnlichen Abschluss für das Schuljahr zu haben.


Meine Gastfamilie, Sarah und Ich

Unter Kollegen
Insgesamt kann ich auf ein wirklich tolles Jahr in dieser Schule zurück blicken. Ein Jahr, was mir Dinge für den Beruf des Lehrer beigebracht hat, die ich an keiner Universität lernen werde. Obwohl die Arbeit natürlich nicht immer einfach war, ging ich trotzdem jeden Tag mit viel Freude zur Arbeit und genoss jeden einzelnen Tag. Von Lehrern sowie Schülern konnte ich viel lernen und meine Entscheidung, ab dem kommenden Jahr Lehramt zu studieren, wurde durch diese Arbeit nur bestätigt und bereitet mir schon jetzt eine ungeheure Freude auf den Beruf des Lehrers.
Glücklicherweise musste ich mich immer noch nicht direkt von den anderen Lehrern und manchen Kindern verabschieden, da anschließend noch ein Sportscamp statt fand, wo ich eine Woche lang dabei half, den Kindern Baseball, Fußball und Tennis näher zu bringen.

Besuch bei den Krokodilen und Elefanten und Ausflug ins Stelzendorf 

Am Samstag darauf ging brach ich dann mit Theresia, einer Mitfreiwilligen von mir, auf unsere letzte Reise auf. Diese sollte uns in den Norden Ghanas führen, welcher sich nach unseren bisherigen Erzählungen und Erfahrungen sehr gegenüber dem Rest des Landes unterscheiden sollte.  Nach der 12-13 stündigen Busfahrt über Nacht einmal quer durchs Land, erreichten wir am nächsten  die Hauptstadt der Northern Region Tamale. Wie auf (fast) jeder unseren bisherigen Reisen davor, genossen wir auch in Tamale erst mal die Ruhe der Stadt im Vergleich zum hektischen Accra. Anschließend machten wir uns auf in das Zentrum der Stadt. Obwohl Tamale mit rund 400.000 Tausend Einwohnern die größte Stadt im Norden Ghanas ist, kann man das Stadtzentrum leicht zu Fuß erkunden. Falls die Füße aber doch mal müde werden sollten, kann man im Norden einfach in ein Yellow-Yellow steigen. Dieses Fahrgerät, welches außer im Norden Ghanas nach meinen Wissen in keinem anderen Teil des Landes benutzt wird,  ähnelt sehr einer Rikscha, wie man sie aus Indien kennt, und ist darüber hinaus auch noch sehr billig.

             
Der Norden Ghanas unterscheidet sich in ganz vielfältiger Art und Weise von dem Rest Ghanas. Sei es die eben erwähnten Transportmittel, das Essen oder die Architektur. Darüber hinaus ist der Norden auch weitaus muslimischer geprägt.  So haben wir schon Tamale etliche Moscheen gesehen. Manche kleiner und einfacher gehalten und andere dafür groß, imposant und in einem schönen Farbton.





Nachdem wir Tamales Stadtzentrum also größten Teils besichtigt hatten, machten wir uns am nächsten Tag auf nach Bolgatanga, die Hauptstadt der Upper East Region. Nachdem wir schon Tamale eine sehr entspannte Atomsphäre vorgefunden hatten, stellte sich Bolgatanga aber also nochmal als viel ruhiger dar. Die Stadt hatte eine sehr angenehme Mischung aus Kleinstadtfeeling und Dorfcharakter, so, dass man vielen Menschen einfach ins Gespräch kam. Von Bolgatanga aus hatten wir geplant zwei Tagesausflüge zu machen. Der erste sollte uns nach Tenzuuge bringen, einem Dorf, welches inmitten der Talensi Berge liegt. Schon auf dem Weg in die Berge kamen wir aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Vor uns erstreckten sich wunderschöne Berglandschaften, die übersaht waren von unendlichen Felsen
 
Schnell stellte sich da bei uns natürlich die Frage, wie diese ganzen Felsen und Steine dort hinkamen, aber leider konnte uns darauf auch keine genaue Antwort gegeben werden. Mit einem örtlichen Tourguide machten wir eine kleine Tour durch die Landschaft. Zuerst führte er uns zu der „School of Rocks“, welche ihrem Namen zu 100 Prozent gerecht wird, da diese „Schule“ einfach zwischen ein paar Steinen lang.  Da das Dorf bis in die Mitte der 90er Jahre keine eigene Schule hatten, wurden die Kinder zwischen 1960-2008(!) unter/zwischen diesen Felsen unterrichtet. Auch der Essenbereich war von Felsen geborgen, sodass auch keine Regen eindrang.

"School of Rocks"

Auf unserer weiteren Tour erzählte uns der Guide, dass die Felsen auch als Versteck für die Dorfleute vor den Europäern während der Sklavenzeit genutzt wurden sind. Darüber hinaus klärte er uns noch über die  Festlichkeiten des Dorfs aufs und andere traditionelle Rituale. Zum Ende unserer Tour kamen wir dann an einem sehr bedeutenden Schrein an, welcher laut Glaube jeden Wunsch eines Bitstellers erfüllt. Nach einer kleinen Zeremonie inklusive Opfergabe konnten wir also einen Wunsch an die Gottheit des Schreins richten. In unserem Fall handelte es sich bei dem Opfer um ein Perlhuhn, aber bei „größeren“ Wünschen kann es aber auch sein, dass ein Hund, ein Esel oder sogar eine Kuh geopfert werden muss, weshalb am Fuße des Berges auf dem sich der Schrein befand, viele Schädel solcher Tiere vorzufinden waren.   Insgesamt eine Erfahrung, die man nicht so schnell vergisst.

 


Am nächsten Tag sollte uns unser Weg nach Paga führen. In Paga gingen wir zuerst zu einem Teich voller Krokodile. Ein Teich voller was? Ja, ihr habt richtig gehört. Ein Teich voller Krokodile. In diesem Teich leben unzählige Krokodile, welche aber mit den Menschen in Paga und den Besuchern des Teiches in Frieden leben. Die Bürger Pagas sehen die Krokodile als Brüder und Schwestern an und jagen sie daher auch nicht. Es war schon ein bisschen komisch einfach zwischen all diesen Krokodilen zu laufen, aber auch ziemlich cool ein Mal selbst ein bisschen „Crocodile Dundee“ zu spielen (lach)…





Nach dem wir den Besuch der Krokodile überlebt hatten und einen kurzen Abstecher, der uns fast nah Burkina Faso führte (siehe Bild). Schauten wir uns ein paar traditionelle Häuser an, die vor vielen vielen Jahren von den Einwohnern Pagas bewohnt wurden. Von dort aus liehen wir uns zwei Fahrräder aus (Wuhu, endlich mal wieder Fahrrad fahren) und machten uns auf nach Nania. Kurz hinter diesem Dorf befindet sich nämlich der sogenannte Pikworo-Sklavenmakrt. Dieser wurde während der Sklavenzeit als Sammelpunkt genutzt, um die Sklaven in den umliegenden Regionen, Städten und Dörfern genfangen zu nehmen und einen Überblick über sie alle zu haben. Von diesem Ort aus mussten die Sklaven einen ca. 70 tägigen Lauf zu der Westküste Ghanas machen, von wo sie auf die Schiffe gebracht wurden und dann nach Amerika und Europa verkauft wurden.

Traditionelle ghanaische Architektur
 Am nächsten Tag machten wir uns dann von Bolgatanga auf nach Wa, die Hauptstadt der Upper East Region. In Wa guckten wir uns den Palast des örtlichen Chiefs an und genossen sonst die Ruhe  von Wa bevor es nämlich am nächsten Tag schon weiter nach Larabanga gehen sollte. 
In Larabanga guckten wir uns die Moschee an, welche vor sage und schreibe knapp 600 Jahren gebaut wurden ist. Laut unserem Tourguide wurde die Moschee zwar anfangs von einem Prophet gebaut, aber ist  dann über Nacht von einem Geist weiter gebaut wurden. Jedes Mal, wenn der Geist die Moschee weitergebaut haben soll, hat der Prophet den Fortschritt mit den „Stöckern“ markiert, weshalb die Moschee so ein interessantes Aussehen hat.


Anschließend machten wir uns dafür bereitet, worauf wir uns schon die ganze Reise lang tierisch drauf gefreut haben. Endlich sollte nämlich ein Wunsch von uns in Erfüllung gehen, den so gut wie jedes Kind in den jungen Jahren hat: Wir gingen auf Safari in Afrika! (ich weiß, dass man Ghana nicht einfach auf Afrika verallgemeinern soll und kann, aber für dieses eine Mal verzeiht mir das bitte..)

Wir nahmen nämlich an einer Fußsafari durch den Molenationalpark teil. Der Molenationalpark ist ein riesen großes Areal, welcher als natürlicher Lebensraum von vielen verschiedenen Tierarten genutzt wird. Nicht lange, nachdem wir uns auf den Weg gemacht hatten, begegneten wir auch schon unserem erhofften Ziel. Unser Tourguide signalisierte uns still zu sein und zeigte nur mit dem Finger nach vorne zwischen die Bäume, wo wir drei Elefanten sahen, die gerade ihr Essen zu such nahmen! Wir näherten uns den Tieren bis auf ca. 50 Metern und betrachteten nun diese wunderschönen Tiere, wie sie ganz natürlich ihrem Alltag lebten. Natürlich waren wir zu diesem Zeitpunkt hin und weg aber nachdem wir kurz danach auch noch Warzenschweine und verschiedene Antilopen zu sehen bekamen, war jeder rund um zufrieden. Darüber hinaus war auch der Weg an sich ein einzigartiges Abenteuer. So führte uns unser Tour Guide durch in Wasser stehende Graslandschaften, ließ uns auf einem Baum über einen Flussarm balancieren und anschließend auch durch einen Fluss laufen. Wirklich ein toller Tag, an dessen Ende wir immer noch nicht glauben konnten, was wir da eigentlich heute alles gesehen hatten.




Nach einem kurzen Stopp in Tamale machten wir uns dann weiter auf nach Kumasi, wo wir uns mit Sarah, einer weiteren Mitfreiwilligen von uns, trafen. Zusammen machten wir einen Abstecher zum Lake Bosumtwi, den wir schon im Dezember besuchten hatten. Darauf den Tag fuhren wir zu verschiedenen Handwerkerdörfern um Kumasi herum, wo wir uns u.a. anguckten wie der berühmte Stoff der Ashanti Kente gemacht wird und wie man gebatikte Stoffe produziert. Dies war wirklich sehr interessant, da man nun viel besser verstand, wie die Stoffe, die man über das ganze Jahr häufig gesehen hat und sogar selber mittlerweile trägt,  hergestellt und verarbeitet werden.

Sieht nicht nur kompliziert aus, ist es auch...
Von Kumasi aus fuhren Sarah und ich dann weiter runter an die Westküste nach Beyin. Einem äußerst friedlichen Dorf direkt am Meer und ziemlich nah an der Grenze zur Elfenbeinküste. Am Abend zeigte stellte uns unser Hotelbesitzer erst einmal seinen Freunden in der lokalen Stammkneippe vor und zeigte uns anschließend, wo man das beste Fufu im Ort bekommen könnte. Ein äußerst ghanaischer Abend.
Am nächsten Morgen machten wir uns dann aber auf nach Nzulezo, welches der eigentlicher Grund war, warum es uns nach Beyin gebracht hat. Nzulezo ist nämlich ein Dorf, was mitten auf einem See steht. Um dort hin zu kommen, muss man zuerst mit einem Kanu anderthalb Stunden lang einen Kanal lang fahren. Dieser Weg ist jedoch wunderschön und eine Wohltat für jedes Auge. In diesem Moment wurde Sarah und mir auch nochmal bewusst, wie schön es doch ist, dass die Touristenattraktionen in Ghana nicht von unzähligen Touristen überschwemmt sind. Natürlich wünsche ich mir, dass mehr und mehr Leute kommen und sich dieses wunderschöne Land angucken, was natürlich auch der ghanaischen Wirtschaft zu Gute kommen würde. Aber es ist auch sehr nett sich ein Kanu auf einem ruhigen Flusskanal nur mit einer anderen Person teilen zu müssen und nicht mit 20 anderen. Sich an zugucken wie die Leute in dem Dorf dann lebten war auch sehr interessant. Zwar haben die Menschen in Nzulezo ebenfalls Zugang zu Strom und besorgen sich ihre Lebensmittel und andere benötigte Dinge an Markttagen von den Dörfern am Festland, aber dennoch hat das Dorf eine eigene Atmosphäre für sich und scheint wie eine große Familie zu sein.


 


Von Beyin aus fuhren Sarah und ich dann zum Abschluss unserer Reise die Westküste entlang bis wir wieder in Accra ankamen. Insgesamt kann ich nun, nachdem einen Großteil Ghanas gesehen habe, sagen, dass dieses wunderschöne Land wirklich viel zu bieten hat. Ghanas verschiedene Regionen und Landschaften mit einem Satz zu beschreiben grenzt schon fast an Unmöglichkeit, da dieses Land so Facetten reich ist. Egal wo man hin fährt, man findet etwas anderes, neues und einzigartiges. Während meinen Reisen habe ich gelacht, gestaunt, mich gefreut, geweint und war beeindruckend von all dem, was mir vor die Augen kam, wofür sich wirklich dankbar bin. Was man aber für ganz Ghana festhalten kann, ist die Freundlichkeit und Offenheit der Leute. Man muss überhaupt keine Sorge haben, irgendwo Neues hinzugehen, da man überall jemanden trifft, der einem eine helfende Hand entgegen reicht. Somit kann ich Ghana auch nur noch einmal für jeden empfehlen, da dieses Land wirklich viel zu bieten hat!

Freitag, 16. Juni 2017

Wohin?

Hallo alle zusammen,

heute möchte ich einmal nicht so darüber reden, wo ich mich in den letzten Wochen so herumgetrieben habe oder was es so Neues aus meinem Projekt zu berichten gibt.  In diesem Blogeintrag möchte ich mich ein bisschen mehr mit der politischen und wirtschaftlichen Situation Ghanas befassen. Dazu möchte ich nur noch einmal betonen, dass ich kein Experte für Politik, Wirtschaft, Ghana, etc. bin und dass das, was ich schreibe auch nur meiner subjektiven Wahrnehmung entspringt und auf keinen Fall allgemeingültig zu verstehen ist.
So aber jetzt zum Eigentlichen:

In letzter Zeit habe ich mich sehr oft mit der Frage beschäftigt, was die Zukunft für Ghana und die Leute hier bereithält und in welche Richtung sich dieses Land entwickeln wird. Vielleicht fragt ihr Euch jetzt, warum ich Euch mit solchen Fragen konfrontiere. Aus dem einfachen Grund, dass man die Lebenssituation der Menschen und die gravierenden Unterschiede zwischen diesen täglich vorgeführt bekommt. Des Weiteren ist Ghana auch ein Land, das noch lange nicht da angekommen ist, wo es vielleicht mal hin möchte und es sehr interessant ist zu sehen, wie das Land immer noch neu definiert und neu geprägt wird.

Ghana, ein Land das sehr reich an Ressourcen ist. Nach der Elfenbeinküste ist Ghana z.B. weltweit der größte Exporteur für Kakao (die Schokolade und die Getränke daraus sind auch echt lecker =)). Darüber hinaus  gelten auch noch Erdöl, Diamanten und natürlich Gold (während der Kolonialzeit bekam Ghana den Namen „Goldküste“ auf Grund des vielen Goldes) als wichtigste Importgüter. Bei letzterem findet man aber direkt ein großes Problem vor und somit die andere Seite der Medaille.     In verschiedenen Orten Ghanas wurden über die letzten Jahren immer wieder illegale Mienen betrieben, um besagtes Gold zu gewinnen. Dies hat jedoch zur Folge, dass das Trinkwasser verschmutzt wird und zum Trinken unerträglich ist, was besonders für die ruralen Gegenden schwerwiegend ist. Die Situation ist sogar so schlimm, dass manche Studien davon ausgehen, dass Ghana ab dem Jahr 2030 anfangen muss, Wasser zu importieren.
Leider scheint das Gold in den Augen dieser Menschen jedoch mehr wert zu sein als Trinkwasser.  Zum großen Teil werden diese Mienen von Chinesen betrieben. Es wäre jetzt aber zu einfach die Schuld auf diese zu verteilen, da das Land von ghanaischen Feldherren verkauft wird, welche als Gegenleistung sehr viel Geld bekommen und sich irgendwo schön ein Haus ohne große Sorgen bauen können.

Beispiel für den Betrieb einer illegalen Miene (Quelle: google pictures)
Da sind wir nämlich auch schon beim zweiten großen Problem: Korruption. Es ist jetzt nicht so, dass man sie täglich vorgeführt bekommt oder am eigenen Leib spürt, aber Korruption ist trotzdem ein fester Teil des Lebens hier. Sei es, wenn man dem Polizisten nur mal kurz eins, zwei Scheine in die Hand drückt, um eine kleine Verkehrsverletzung zu umgehen oder auch auf meiner Arbeit habe ich schon verschiedene Formen von Korruptionen miterlebt. So wurde z.B. letztens der Schulsprecher gewählt. Am Tag vor der Wahl gingen die möglichen Kandidaten durch die Klassen, um für sich zu werben. Während meines Unterrichts kam eine Kandidatin in den Klassenraum, warf ein paar Süßigkeiten in den Klassenraum, sagte „Wählt für mich!“ und verschwand dann auch schon wieder. Am gleichen Tag und am Tag der Wahl durfte ich dann noch beobachten, wie sie jüngeren Schülern auf dem Flur Süßigkeiten zusteckte.  Als dann am nächsten Tag die Wahl stattfand, gewann diese Kandidatin die Wahl. Anschließend fragte ich ein paar meiner Kollegen, wie wir so was denn nur zulassen könnten und unseren Schülern nicht „das Richtige“ beibringen könnten. Auf diese Frage bekam ich die Antwort, dass dies doch ganz normal ist. Jetzt würde sie halt noch Süßigkeiten verteilen und dann wahrscheinlich in ein paar Jahren Geld im Parlament, so die Antwort eines Kollegen von mir.

Aber ich will hier ja jetzt auch gar nicht alles schlecht reden. Ghana ist auch ein Land, das reich an Vielfalt ist, reich an Lebensfreude und reich an freundlichen Mitbürgern. So ist es hier z.B. kein Problem, dass eine Moschee gefühlte zehn Meter neben einer Kirche steht.  Das Leben hier ist immer aufregend, bunt und jeden Tag aufs Neue anders. Nicht so wie z.B. in Deutschland manchmal, wo einem der graue Alltag so häufig begegnet oder die Leute auf offener Straße kein Wort miteinander reden.  Darüber hinaus ist es auch nicht so, dass es den Leuten hier nicht bewusst ist, dass sich manche Dinge ändern müssen. Man kann mit sehr vielen Ghananern sehr reflektierte und interessante Gespräche über die wirtschaftliche und politische Lage des Landes und die daraus resultierenden Probleme besprechen. Viele Ghanaer verfolgen nämlich sehr genau, was in ihrem Land so abgeht und stehen dem auch sehr kritisch gegenüber. Das einzige, was daran sehr schade ist, ist, dass es meiner Meinung nach hier sehr viele Leute gibt, die die Probleme zwar gut erkannt haben und auch Lösungsvorschläge parat haben, die dann aber gleichzeitig ihren Worten keine Taten folgen lassen. 
So habe ich schon unzählige Male den ermüdeten Satz gehört „Yes, this is Ghana“ oder „Oh, what has happened to Ghana?“…. Ähnlich war es auch mit dem Wahlsieg im Dezember, nachdem die damalige Opposition die Wahl gewonnen hat, ging überall der Slogan „Change is coming“ herum, welcher so gut wie auf jedes Problem angewandt wurde.  Sieben Monate später geht dieser Spruch immer noch herum und auch wenn man in sieben Monaten nicht alles ändern kann, hat sich dennoch noch nicht viel verbessert.

Nur ein Beispiel für die ghanaische Lebensfreude



Ein weiteres gutes Beispiel ist die ghanaische Zeit.  Jetzt fragt ihr Euch bestimmt wie „ghanaische Zeit“? Läuft die Zeit da etwa anders als in Deutschland? Naja, nicht so wirklich. Der Tag hat immer noch 24 Stunden und jede Stunde hat 60 Minuten. Mit ghanaischer Zeit oder hier „ghanaian time“ ist eher das Verständnis von Zeit gemeint.  So kann es z.B. sein, dass, wenn man sich um 10 Uhr treffen möchte, daraus gut und gerne mal 10:30 Uhr/11 Uhr und so weiter wird. Es kann auch vorkommen, obwohl es eher seltener ist, dass 10 Uhr dann auf einmal auch 9:45 Uhr bedeutet. Die, die mich kennen, wissen, dass ich auch nicht zu den pünktlichsten Menschen auf der Welt gehöre und mich daher die „ghanaian time“ auch nicht wirklich stört. Was mich eher stört, ist, dass es fast jeder hier auch ganz normal und akzeptabel findet, auch wenn Pünktlichkeit in manchen Fällen einfach nur angebracht wäre. In diesen Fällen wird sich dann zwar auch immer über die jeweilige Person beschwert, aber dann auch meistens nur gesagt „Ach, ghanaian time…“.  

Wie sich Warten in Ghana manchmal anfühlen kann...

In manchen Fällen kommt es einem leider auch so vor, dass nur etwas bewegt wird, wenn es auch Geld dafür gibt. Wenn man aber nicht direkt das Geld vor die Augen geführt bekommt, dann wird auch leider oft nichts gemacht.  Auch, wenn dies in westlichen Ländern natürlich nicht anders ist, vermisst man trotzdem manchmal eine gewisse Arbeitsmoral. So fand ich mich z.B. letztens während der Arbeit auf einmal mit ca. 550 Schülern auf einmal alleine auf dem Sportfeld vor, weil alle andere Kollegen auf einmal irgendwie verplant schienen (lach). Definitiv auch eine Erfahrung für sich…
Diese Aussage ist aber genauso (wie auch die vielen davor) nicht allgemein anwendbar, da man ebenso schnell Leute findet die mit hohem Aufwand und Kreativität an die Arbeit gehen.

Wie ich auch schon am Anfang gesagt habe, sind die Unterschiede in denen die Menschen hier leben extrem groß und die Lücke zwischen diesen gravierend. Um mehr über diese Unterschiede zu verstehen, kann ich nur den Blogeintrag meiner Mitfreiwilligen Elena https://ghanaholic.jimdo.com/2017/05/07/k-o-n-t-r-a-s-t-e/ empfehlen, welcher sich mit dem Thema nochmal ausführlicher auseinander setzt.
Das Traurige an diesen Unterschieden ist, dass es viele Menschen leider nicht zu interessieren scheint, dass ihre Mitmenschen unter teilweise menschenunwürdigen Verhältnissen leben müssen. Dieser Aspekt raubt mir manchmal die Nerven. Wieso? Ganz einfach. In den letzten 9 Monaten habe ich Ghanaer als überaus freundliche, offene und hilfsbereite Menschen erlebt, die viel dafür tun, dass es ihrem unmittelbaren Umfeld gut geht und dafür auch viel opfern. Als bestes Beispiel kann ich z.B. die Gastfamilien von uns allen Freiwilligen aufführen, die uns für ein Jahr in ihr zu Hause aufnehmen, sich um uns kümmern und dafür keinen einzigen Cent bekommen.  Diese Warmherzigkeit von teilweise auch fremden Leuten finde ich außerordentlich. Das Problem ist jedoch, dass es sich bei vielen nur um das unmittelbare Umfeld handelt und nicht mehr. So sieht man hier riesige Villen und kleine, beinahe schon in sich zusammenfallende Blechhütten oft nebeneinander stehen und obwohl die Eigentümer direkt neben einander leben, läuft das Leben doch komplett aneinander vorbei.


Jamestown - das vielleicht ärmste Viertel in Accra (Quelle: google pictures)
Cantoments - einer der reichsten Viertel Accra (Quelle google pictures)

Die Frage, die ich mir jetzt nur oft gestellt habe ist, wo es mit Ghana zukünftig hingehen soll? Ja, manche Sachen müssen sich definitiv ändern. Die Wasserversorgung, die vielen Stromausfälle, die schlecht befahrbaren Straßen und die Gesundheitsversorgung sind nur einige Probleme an denen die Regierung schnell und am besten effektiv arbeiten muss.  Aber darüber hinaus, wohin? Sollte langfristig das Ziel sein, einen Lebensstandard wie in westlichen Ländern zu erreichen? Länder, in denen sich die Menschen in immer mehr Aspekten, sei es politischen, religiösen oder ethnischen, von einander abschotten.  Länder, in denen Minderheiten immer noch mit massiver Diskriminierung zu kämpfen haben. Länder, die gerne unter sich bleiben und ihre Grenzen für andere schließen.
Nein, das kann, oder sollte ja auch nicht das Ziel sein.

                            Nach dem Regen.... im Tro Tro (links) & auf dem Weg nach Hause (rechts)

Leider nur ein trauriges Beispiel für das große Müllproblem in Ghana
Eine andere Frage ist jedoch auch, wie ich das so bewerten kann oder inwiefern ich es mir auch erlauben kann über das Ganze hier zu urteilen. Auch, wenn ich mich in den letzten 9 Monaten sehr an die ghanaische Kultur angepasst habe und meiner Meinung nach meinen Horizont erweitert habe, kann ich meine westliche Brille auf die Dinge hier natürlich nicht einfach ablegen. Wenn ich jetzt z.B. so einen Bericht schreibe oder auch einfach nur über die Straße gehe und mir zu manchen Sachen ein Urteil bilde, frage ich mich, ob das jetzt nicht zu überheblich gesehen ist? Ob ich es mir einfach erlauben kann ein Urteil zu fällen, nachdem ich noch nicht mal ein ganzes Jahr hier gelebt habe und die vergangenen 9 Monaten meinen bisherigen 19 Lebensjahren komplett anders gegenüber steht?



Ein paar Dinge kann ich trotzdem festhalten, die ich für mich und mein weiteres Leben aus dieses Jahr mitnehmen werde. Ein ganz simpler, aber für mich immens wichtiger Aspekt ist, dass es auf dieser Welt viele Menschen gibt, die unter ganz anderen Umständen und Bedingungen leben (müssen). Auch wenn jede Kultur oder jedes Umfeld natürlich mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen haben, kommen mir manche Probleme, die ich in meinem Alltag in Deutschland zu bekämpfen hatte doch manchmal ein bisschen zu überzogen vor, verglichen mit dem, was sich die Leute hier teilweise mit zu kämpfen haben. Des Weiteren ist mir auch nochmal klar geworden, dass es unserer Welt so viele unzählige, aufregende, innovative und kreative Möglichkeiten gibt um den Menschen in seinem Umfeld zu helfen und etwas Gutes für diese zu tun.  Zu guter Letzt ist mir in diesem Jahr mehrmals deutlich geworden, dass ich stolz darauf bin, für was der deutsche Sozialstaat steht.  Dass so gut wie jedem Bürger eine Krankenversicherung zur Verfügung gestellt wird oder, dass Bildung für alle frei zugänglich ist, ist in unserer heutigen Welt leider (noch) nicht selbstverständlich. Dies trifft auch gar nicht ausschließlich auf afrikanische Länder zu, sondern auch auf eine Weltmacht wie die USA.

Sooooooooooo, das war jetzt erst mal ziemlich viel, aber ich hoffe, dass Ihr trotzdem viel Spaß beim Lesen hattet. Wenn Ihr eine andere Meinung zu einem Aspekt habt, irgendwelche Fragen habt oder einfach nur was sagen möchtet, dann könnt Ihr einfach ein Kommentar hinterlassen. Mein nächster Beitrag soll auch hoffentlich gar nicht so lange auf sich warten lassen und soll sich um ein bisschen „leichteres“ Thema handeln, und zwar um ein paar Stories auf meinem Lieblingsgefährt, dem Tro Tro.

Euer Simon

Freitag, 28. April 2017

Besuch aus dem fernen Deutschland



Mema mo ahaa,

nachdem ich Euch das letzte Mal ausführlich über mein Projekt erzählt habe, steht diesmal etwas ganz Anderes und Besonderes auf dem Programm. Die letzten zwei Wochen hatte ich nämlich Begleitschaft aus Deutschland, von meiner Mama und meiner besten Freundin, welche mich während der Osterferien besuchen haben, um auch einen kleinen Eindruck von Ghana zu gewinnen.
Da die beiden als Touristen natürlich einen ganz anderen Blick auf Ghana haben als ich mittlerweile, hatte meine Mutter die großartige Idee, ihre Eindrücke aus den zwei Wochen festzuhalten und sie hier mit Euch zu teilen:

Mummy und Sonja in Ghana, ein Gastbeitrag

Am 09.04.2017 war es endlich soweit und Sonja, Simons beste Freundin, und ich wurden von Sonjas Mutter zum Düsseldorfer Flughafen gebracht, um nach Accra zu fliegen. Wir waren beide sehr aufgeregt und voller Vorfreude, Simon wiederzusehen. Gegen 20 Uhr landeten wir in Accra und wurden von Simon und seiner Gastfamilie abgeholt, die uns dankenswerterweise in unser Hostel im Stadtteil Kokomlemle gebracht haben. Die Hitze war nicht so schlimm wie befürchtet und auch der Verkehr war angenehm. So weit, so entspannt, vor allem für Simon, der endlich wieder in den Genuss von Erdbeeren kam.

Leider hatte man im Hostel unsere Buchung für zwei Zimmer vergessen (das sollte sich wiederholen) und so schliefen wir in der ersten Nacht in einem Doppelzimmer und Simon auf einer zusätzlichen Matratze auf dem Boden. Das wirklich köstliche Frühstück entschädigte uns am anderen Morgen, aber anschließend traf Sonja und mich mit voller Wucht die Hitze, das Chaos, der Dreck, die Lautstärke und die schlechten Straßen von Accra. Ich habe mir nach dem gefühlt 1000sten Schlagloch vorgenommen, nie wieder über deutsche Straßen und die dortigen Staus zu schimpfen, die sich im Vergleich zu Accras Straßen wie Luxusprobleme darstellen. In Accra, wie auch auf dem Rest der Reise, hatte sich bereits herumgesprochen, dass neue Obronis, also Weißgesichter, in Ghana angekommen sind, denn überall warteten Händler/-innen und Taxifahrer nur darauf, dass wir etwas kauften oder ihr Taxi benutzten. Bereits an diesem ersten Tag war ich auf einmal nicht mehr Gaby, sondern „Mummy“, was wohl liebenswert gemeint war und meinem Alter Respekt zollen sollte, aber mir auch gelegentlich auf die Nerven ging.

Ohne Simon, der sich in faszinierender und respektvoller Weise an Accra gewöhnt hat, wären wir aufgeschmissen gewesen, aber er hat uns gleich an unserem ersten Tag mit der harten Realität vor Ort konfrontiert, was mich fast umgehauen hat. Die Hitze war saunagleich und eingezwängt in Simons Lieblingsgefährt, einem TroTro, ging es zum ,,Artmarket", wo man Djemben, Taschen, Kleidungsstücke, Schmuck etc. kaufen kann. Unmittelbar nach unserer Ankunft waren wir umringt von Verkäufer/-innen und als ich, Mummy, den kolossalen Fehler beging, nach einem Kleid mit zwei Taschen zu fragen, schallte es aus allen Ecken, dass es ganz tolle Kleider mit zwei Taschen gibt, die mir sogleich präsentiert wurden. Allein die Vorstellung, diese zu probieren, verstärkte meine Schweißausbrüche um ein Vielfaches. Simon und Sonja schafften es mit verschiedenen Käufen, bei denen sich Simon als talentierter Feilscher herausstellte, die Verkäufer/-innen kurzfristig von mir abzulenken, aber sofort erkannte jemand mein Hitzeproblem und fortan wurde mir eine breite Palette von Fächern angeboten. Simon, in seinem Drang uns alles zu zeigen, ersparte uns nicht die Rückseite des Artmarkets, die zwar direkt am Meer liegt und nicht weit vom Nobelhotel Mövenpick, die aber vollkommen verdreckt ist und wo Kinder zwischen Plastikflaschen und anderem Unrat spielen, neben dünnen Ziegen, Hunden und Hühnern. Hätte Simon uns nicht anschließend in unmittelbarer Nähe einen anderen Strand gezeigt, der offenbar für Touristen sauber gehalten wird, hätte ich ihn gleich wieder mit nach Hause genommen. Aber es gibt noch viel schlimmere Plätze in Accra und natürlich auch viele saubere Orte, wo in der Regel Obronis hinter vergitterten und bewachten Toren leben. Ich hoffe sehr, dass die gerade gewählte Regierung mit ihren 115 Minister/-innen es schafft, dieser Entwicklung entgegen zu wirken.

Am Dienstag war ich froh, Accra auf dem Weg an die ghanaische Küstenregion hinter mit zu lassen, wobei Simon in seinen bisherigen Blogbeiträgen verschwiegen hat, wie aufwändig und gleichzeitig günstig das Reisen in Ghana sein kann, wenn man sich in TroTros oder Bussen bewegt. So wurde das Taxi fortan zu unserem bevorzugten Reisemittel, was meiner Bequemlichkeit geschuldet war und bei Simon keine Begeisterung hervorrief. Auch stellte sich mein Protest gegen Mehrbettzimmer als richtig heraus, nichtsdestotrotz haben wir drei unsere Nächte in Ghana immer zusammen verbracht, was erstaunlich gut und harmonisch geklappt hat. Fast überall war ich die Älteste, was meinen Mummy - Status nur verstärkt hat, aber auch zu erstaunlich vielen herzlichen Begegnungen mit (jüngeren) Menschen aus der ganzen Welt geführt hat.

Unsere Tage in Cape Three Points waren, trotz eines Sonnenbrands, einem Plumpsklo, akutem Wassermangel, kurzfristigen Stromausfällen aufgrund von Regenfällen, wunderbar und zu unserer großen Freude konnten wir vier kleine Schildkröten auf ihrem Weg ins Meer begleiten. Da unsere Dusche aus einem großen Eimer und einer Schöpfkelle bestand, habe ich mich gefreut, in Cape Coast wieder „richtig“ zu duschen, allerdings mit permanentem Blick auf die nach oben offenen Dusche und die reifen Kokosnüsse. In Cape Coast haben wir Sarah, eine andere Freiwillige, und ihre Eltern getroffen und zusammen eine schöne Zeit verlebt, inklusive dem gemeinsamen Gang über sieben Hängebrücken und dem Besuch eines katholischen Gottesdienstes am Ostersonntag. Dort wurde jede Menge Weihrauch verwendet und unter dessen Einwirkung anschließend ausgelassen getanzt. Die Worte des Bischofs, dass wir alle „Easterpeople“ sind und trotz schwerer Zeiten immer wieder mit neuer Hoffnung starten, haben mir sehr gefallen. Diese Botschaft konnte aber nicht den Blick vor der historischen Realität verstellen, die wir anschließend in der gegenüberliegenden Sklavenburg erfahren haben und deren Grausamkeiten unendlich viele Ghanaer zum Opfer fielen, mit der grausamen Besonderheit, dass sich über den Kerkern eine Kirche für den Gouverneur und die Bediensteten befand.

Bambushütte in Cape Three Points - wunderschön, nur manchmal ein bisschen warm

Auf dem Weg zum Meer...

Kakum National Park

Zurück in Accra haben Sonja und ich einen Einblick in Simons tägliches Leben bekommen, indem wir seine Schule besucht und einige Lehrer und Kinder kennengelernt haben, die dort trotz Ferien ihre Zeit verbracht haben. Charles, ein Lehrerkollege von Simons Gastmutter, der nebenbei Taxi fährt, um sein Einkommen aufzubessern, hat uns durch Accra gefahren, wo speziell mir immer wieder Toilettenpapier, aber uns allen auch Wasser in Plastikfolie, Nüsse, getrocknete Bananen, Zahnbürsten, etc. angeboten wurden. Aufgrund eines Verständigungsproblems hätte ich bei einem solchen Kauf fast den Ärger einer Straßenverkäuferin auf mich gezogen, da ich ihr auf dem Weg nach Cape Three Points erst einen Cedi zu wenig gegeben hatte, den ich dann nach kundiger Anweisung von Simon noch schnell aus dem Fenster des fahrenden Busses geworfen habe. Keinesfalls hätte ich dieser tapferen Frau ihr Geld vorenthalten wollen und möchte an dieser Stelle allen Straßenverkäuferinnen und Straßenverkäufern in Ghana und besonders in Accra meine große Achtung erweisen, denn sie arbeiten an lauten und von Abgasen stinkenden Straßen,  die Frauen oft mit einem Baby auf dem Rücken und ihren Waren in einem großen Blechbehälter auf dem Kopf. Eine Packung Plantains (getrocknete Bananen) bringt ihnen gerade mal 1 Cedi, das sind umgerechnet ca. 0,22 Euro, und von ihrem täglichen Verdienst müssen sie ihre Familie ernähren und die Miete für eine sehr kleine und baufällige Hütte bezahlen. Auf die großen Unterschiede, besonders im Bildungssystem, hat uns Simons Gastmutter aufmerksam gemacht, bei der wir am Ende dieses ereignisreichen Tages noch einen wunderbaren Abend verbracht haben und ich Fufu, eine landestypische Speise, mit der rechten Hand gegessen habe.

Besonders gefallen haben mir die anschließenden Tage in der Voltaregion mit einem Bad im unteren Wasserfall, von dem Simon schon berichtet hat, und einer tollen Unterkunft mit Blick auf den oberen Wasserfall. Zufällig haben wir auch drei andere Mitfreiwillige getroffen, was mich sehr gefreut hat. In der Voltaregion waren die Temperaturen sehr angenehm und dahin würde ich gerne nochmals fahren. Gestochen wurde ich übrigens kaum, das hat die arme Sonja leider abbekommen, und der Skorpion, der uns mal unterwegs begegnet ist, hat uns auch verschont. Auf dem Rückweg durften wir noch den Staudamm bewundern und Affen, die am Wegesrand saßen und auf Früchte gelauert haben. Die Voltaregion hat sich in meinem Augen mit vielen Steinhäusern von den Wellblech- oder Lehmhütten in Accra und an der Küste unterschieden und wie man in einer solchen Hütte aufwachsen und zu einem anerkannten Arzt in Boston werden kann, aber immer mit der Sehnsucht nach Ghana im Herzen, kann man in dem wunderbaren und sehr empfehlenswerten Buch „Diese Dinge geschehen nicht einfach so“ von Taiye Selasi nachlesen (hier clicken zum nachschauen), dass ich während unserer Ghanareise zum zweiten Mal gelesen habe und dass die Menschen dieses Landes anhand einer Familie auf eindrucksvolle und spannende Weise darstellt.

Unterkunft in der Volta Region

Am Wli Waterfall


Ein bisschen Safari soll ja auch dazu gehören...

Nach einem letzten sehr schönen Abend bei Simons Gastfamilie, wo wir gemeinsam das Fußballspiel Gladbach gegen Dortmund gesehen habe (auch das ist in Accra möglich), machten Sonja und ich uns schweren Herzens auf die Rückreise, wobei unser Gepäck noch ein paar Stunden länger in Paris bleiben durfte. In Zeiten moderner Kommunikation wurde wir darüber bereits kurz nach unserer Ankunft per SMS und E-Mail informiert  

Bei Simons Gastfamilie
Mitgenommen habe ich unendlich viele Eindrücke, die ich erst noch alle verarbeiten muss, viele Begegnungen mit tollen Menschen, tolle Landschaften mit üppigem Grün, eine große Herzlichkeit, die mir/uns entgegengebracht wurde, aber auch die zum Teil – jedenfalls in meinen Augen – katastrophalen Verhältnisse, unter denen die arme Bevölkerung in Ghana zu leben und von der Simons Gastmutter, die Lehrerin in einer Schule für sehr arme Kinder ist, mehrmals eindrücklich berichtet hat. Diese können nicht regelmäßig zur Schule kommen, weil sie arbeiten müssen oder sich um ihre Geschwister kümmern müssen. 
Und nicht zuletzt möchte ich meine große Bewunderung und den Respekt vor meinem Sohn bekunden, der auf seine wunderbare charmante und fröhliche Weise sich durch das Chaos von Accra bewegt, seinen Schülern ein toller Lehrer ist und seine Gastmutter abends mit Geschichten aus den TroTros erfreut.  
Herzlichen Dank an alle, die ihm dabei geholfen haben, diese lebensprägende Erfahrung zu machen oder ihn dabei begleiten.